Tacheles by Andreas Pittler

Tacheles by Andreas Pittler

Autor:Andreas Pittler [Pittler, Andreas]
Die sprache: deu
Format: azw3, mobi, epub
Tags: Krimi
Herausgeber: E-Book
veröffentlicht: 2007-12-31T23:00:00+00:00


VII.

Freitag, 6. Juli 1934

Als Bronstein die Augen aufschlug, meinte er, jemand opereriere ihn bei vollem Bewusstsein am Kopf. Er verspürte brennenden Durst und konnte trotzdem nicht einmal stöhnen, da seine Zunge am Gaumen festgeklebt zu sein schien. Hilflos ruderten seine Arme in dem Bemühen durch die Gegend, irgendwo Halt zu finden, um sich dergestalt hochhieven zu können, damit der ramponierte Leib wenigstens in eine sitzende Position kam. Endlich fand Bronstein ein Stück Matratze, an dem er sich festkrallen konnte. Unter unendlichen Mühen gelang es ihm, die Beine auf den Boden und den Kopf in die Höhe zu bekommen. Wie spät mochte es sein? Umständlich kramte er nach seiner Uhr, die er schließlich doch fand. Zehn Minuten nach sieben. Wann war er eingeschlafen? Er bildete sich ein, es war noch hell gewesen, als er in Morpheus’ Arme gerutscht war. Dann hätte er gut und gern zehn Stunden geschlafen. Er müsste sich ausgeruht fühlen, dachte er, doch alles, was er fühlte, war ein furchtbarer Kater. Langsam und vorsichtig erhob er sich nun gänzlich und wankte mit unsicheren Schritten Richtung Küche. Mit zittrigen Fingern nahm er ein Glas zur Hand und füllte es mit Wasser, das er sodann in gierigen Schlucken trank. Und gleich ein zweites hinterher. Dann erst ging er in sein Badezimmer, wo er sich seiner Kleider entledigte, um sich sodann mit kaltem Wasser zu übergießen.

Sein Körper reagierte geschockt auf das kühle Nass, sofort begann er zu zittern, überall zeigte sich Gänsehaut, und sein Geschlecht, das konnte Bronstein deutlich im Spiegel, der an der Wand hing, sehen, schrumpfte auf absolute Minimalgröße. Aber wenigstens war er jetzt wieder leidlich munter.

Eilig trocknete er sich ab und kehrte in die Küche zurück, wo er Kaffee zustellte. Während die Maschine ihre Arbeit verrichtete, begab sich Bronstein zu seinem Kleiderschrank, wo er das Gewand für den neuen Tag suchte. Er legte eine anthrazitfarbene Flanellhose und ein weißes Hemd bereit, dann ging er nochmals ins Badezimmer, um in dem kleinen Schränkchen, das sich neben dem Spiegel befand, nach einem Aspirin oder einem anderen schmerzmildernden Mittel zu suchen. Zu seinem Glück wurde er fündig und spülte die Tablette mit einem dritten Glas Wasser hinunter, ehe er den mittlerweile fertig gebrühten Kaffee in eine Tasse goss, deren Inhalt er dann langsam zu sich nahm. Nach einer kleinen Weile fühlte er sich stabil genug, die erste Zigarette des Tages zu riskieren, und so lehnte er nun selbstvergessen an der Spüle und rauchte.

Plötzlich tauchten Erinnerungsfetzen aus der vergangenen Nacht auf. Er hatte wüste Träume gehabt, in deren Zentrum, dessen war er sich sicher, Eva gestanden war. Nein, daran dachte er besser nicht, es wäre nicht klug, den neuen Tag so desaströs zu beginnen, wie der alte geendet hatte. Abrupt dämpfte Bronstein die Zigarette aus, indem er sie unter den Wasserstrahl hielt, um den Stummel hernach achtlos in die Spüle zu werfen. Er kehrte verhältnismäßig schnellen Schrittes zum Kleiderschrank zurück und zog sich an. Dann überprüfte er, ob sich seine Brieftasche am vorgesehenen Ort befand, griff nach den Schlüsseln und trat schließlich wenige Minuten vor acht Uhr morgens auf den Flur.



Download



Haftungsausschluss:
Diese Site speichert keine Dateien auf ihrem Server. Wir indizieren und verlinken nur                                                  Inhalte von anderen Websites zur Verfügung gestellt. Wenden Sie sich an die Inhaltsanbieter, um etwaige urheberrechtlich geschützte Inhalte zu entfernen, und senden Sie uns eine E-Mail. Wir werden die entsprechenden Links oder Inhalte umgehend entfernen.